In einem kleinen Atelier in Altusried widmet sich Jutta Prinz der Königsdisziplin des Nähens: dem Trachtenschneidern. Sie gibt Einblick in ein selten gewordenes Handwerk und die Herstellung ihrer Unikate.
Was Jutta Prinz in ihrem Atelier tut, hat für sie nichts mit Arbeit zu tun. Denn das Nähen ist für sie so viel mehr. „Es ist eine große Bereicherung. Ich könnte gar nicht ohne“, beschreibt die 57Jährige, die vor fünf Jahren das Modelabel Tragträume gegründet hat. Erfahrung hat die passionierte Handwerkerin aber schon viel länger – gilt das Trachtenschneidern unter Eingeweihten doch als Königsdisziplin. „Meine erste eigene Nähmaschine habe ich mit acht Jahren bekommen“, erzählt die Mutter dreier Kinder, die mit ihrem Lebensgefährten angrenzend an ihr Atelier wohnt. Die Begeisterung damals war groß. „Schon meine Mutter, Großmutterund Urgroßmutter haben voller Elan genäht. Das wollte ich schon lernen, seit ich denken kann.“ Unter Anleitung ihrer großen Nähvorbilder lernte sie rasch, aus Stoffresten Puppenkleider und andere Kleinigkeiten zu fertigen. Schritt für Schritt arbeitete sich Prinz die Schwierigkeitsleiter hinauf, bis sie im Erwachsenenalter begann, für Freunde und Familie Trachten zu nähen. „Dirndl zu nähen macht mir am meisten Spaß. Da kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen.“
UNIKATE – AUCH IN DER ENTSTEHUNG
Die Ideen für ihre edlen Dirndl, Röcke, Blusen, Mieder und Spencer hat Prinzmeist schon in aller Frühe. „Gleich nach dem Aufwachen fällt mir oft ein, wie ich für ein Kleidungsstück Farben und Stoffe kombinieren könnte. Dann muss ich gleich raus und alles zusammensuchen“, erzählt die gelernte Kindergärtnerin aus Altusried lächelnd. Es ist auch die schier unendliche Vielfalt an Stoffen und Farben, die unzähligen Möglichkeiten, die das Schneidern für sie ausmachen. In anderen Fällen beginnt sie, das Mieder zu nähen und entwickelt das Dirndl Schritt für Schritt. „Es gibt kein striktes Vorgehen. Jedes Kleid ist auch in der Entstehung ein Unikat“, sagt Prinz. Ihre Dirndl gibt es in jeder Größe nur ein einziges Mal.
UNGLAUBLICHE VIELFALT
Neben den Dirndln, die sie teils selbst entwirft, entwickelt Prinz auch gemeinsam mit ihren Kundinnen passende Kleidungsstücke. Rund zwei bis drei Wochen Vorlaufzeit braucht es, bis ihre Auftraggeberinnen das erträumte Kleid in der Hand halten können. „Aber in der Regel dauert es länger. Die Stoff und Schnittvielfalt ist so groß, dass sich die Frauen meist lange nicht entscheiden können, was sie möchten“, erklärt Prinz. Zwei bis drei Anproben setzt sie außerdem an, um das Kleid perfekt an den Körper der Trägerin anzupassen. Wichtig ist Prinz sowohl bei den modern interpretierten als auch bei den edlen klassischen Trachten die Verwendung von hochwertigen Stoffen einer Weberei am Chiemsee. Ganz nach demMotto „Nur aus Gutem kann Gutes entstehen“ arbeitet sie unter anderem mit hochwertigem Prägesamt, Brokatstoff, Leinen oder Gobelinstoff. Für die Zukunft hat sich Prinz noch ein weiteres Ziel gesetzt. Sie liebäugelt damit, Cocktailkleider und Brautdirndl in ihr Repertoire aufzunehmen. „Bei mir werden immer wieder solche Kleider angefragt. Also habe ich mir gedacht, dass ich auf meine Kunden eingehe und mich damit ebenfalls beschäftige“, sagt sie. Vorausgesetzt sie bekommt genug guten Stoff. Denn, wie in anderen Branchen auch, war der in den vergangenen Monaten Mangelware. „Es ist oft nicht leicht, aber irgendwie habe ich meist Glück und werde fündig“, sagt Prinz. Fehlender Stoff wäre wohl das Einzige, was sie am Nähen hindern könnte.