Helchenhof in Überlingen

Zum Thema
Zum Thema

Zwischen Bärlauchfeld und Landtag

Eigentlich ist der Helchenhof am Bodensee in Bonndorf für sein Gemüse bekannt. Aber die Mannschaft in Überlingen-Bonndorf baut auch Bärlauch an. "Wir haben hier ein paar Hektar Wald", erzählt Martin Hahn, Hof-Urgestein und engagierter Mitstreiter. "Da wächst viel Bärlauch, aber lange kam kein Mensch vorbei, um ihn zu sammeln." Also haben er und seine Kollegen 2005 kurzerhand angefangen, die Pflanzen selbst zu ernten und zu vermarkten. Seither überlassen sie nichts mehr dem Zufall. Eigentlich ist Bärlauch mehr als pflegeleicht und wächst in großen Horsten. Wer ihn im Garten anbaut, muss die Bestände sogar hin und wieder eindämmen, so stark verbreiten sie sich. Den Bauern am Helchenhof ist das natürlich recht, aber zusätzlich verwöhnen sie ihre Pflanzen mit Demeter-Präparaten. "So wachsen sie kräftiger und harmonischer." Zu den Demeter-Betrieben gehört der Helchenhof seit 1986. "Ich hab' den Betrieb gleich umgestellt, als ich ihn von meinen Eltern übernommen habe", erzählt Vollblutlandwirt Hahn. Er ist Bauer geworden, weil ihm dieser Beruf so viele Freiheiten und großen Gestaltungsraum lässt – so großen, dass er sich sogar intensiv einer weiteren Leidenschaft widmen kann: der Politik. Als Abgeordneter der Grünen engagiert er sich seit 2011 im Landtag von Baden Württemberg.

Alles ist miteinander verwoben

"Die Landwirtschaft ist eine tolle Aufgabe", erläutert der Umtriebige. "Man gestaltet seine Lebenswirklichkeit hoch individuell." Als er am elterlichen Hof startete, stand für ihn fest, dass er ökologisch arbeiten will. "Ich habe auf einem intensiven Rinderbetrieb gelernt." Aus dieser Erfahrung heraus kam für ihn nur der Öko-Landbau in Frage. Für den Demeter-Verband hat er sich entschieden, weil die meisten seiner Kollegen bereits Mitglieder waren. "Damals kannte ich die Hintergründe noch nicht so, heute lebe ich sie." Hahn begeistert vor allem die Kreislaufwirtschaft, die im Großen und Ganzen besagt, dass das, was am Hof erzeugt wird, auch dort wieder zum Einsatz kommt. Das Futter für ihre Kühe zum Beispiel stellt die Mannschaft selber her, den anfallenden Dung bringt sie auf den Feldern wieder aus. "Mich überzeugt das Demeter-Weltbild, dieses Eingebundensein von allem", betont der Landwirt. Für die tägliche Arbeit heißt das, dass viele Zusammenhänge besonders berücksichtigt werden. So verzichten die Bauern konsequent auf chemisch-synthetische Spritz- und Düngemittel: Die zeigen zwar kurzfristig eine Wirkung, stören langfristig aber die natürlichen Kreisläufe. Statt dessen fördern die Helchenhofer die Vielfalt. Reiches Bodenleben tut den Pflanzen gut, Nützlinge helfen gegen Schädlinge, nichts wird auf ein Dasein als "Produktionsfaktor" reduziert.

Zum Thema
Zum Thema

Nicht nur den Betrieb entwickeln

Ganz klar: Auch der wirtschaftliche Aspekt zählt. "Als ich hier angefangen habe, war das eigentlich keine Gemüse-Ecke", erinnert sich Hahn. "Die Produktion und den Markt haben wir gemeinsam entwickelt." Hinter dem "wir" stehen er, seine Kollegen vom Helchenhof und viele Demeter-Bauern der Region. Sie haben sich 1992 zur Bauerngemeinschaft Bodensee zusammengeschlossen, um ihre Produkte besser zu vermarkten. Dabei haben sie eine Kooperation von besonderer Schlagkraft auf die Beine gestellt: Die Organisation funktioniert so gut, dass es ihr zum Beispiel gelingt, die regionale Lebensmittelkette Feneberg das ganze Jahr über kontinuierlich mit Bio-Lebensmitteln zu versorgen. Außerdem: "Das Gemüse in den Feneberg-Regalen kommt nicht aus einer Lagerhalle, sondern frisch von unseren Feldern." Dank enger Absprachen und einer ausgeklügelten Logistik. So geht es auch dem Bärlauch. Abends bestellen die Märkte und am nächsten Morgen erfolgt die Ernte – behutsam natürlich, so dass die Bestände auch weiter gut gedeihen. Die Kräuter werden blattweise gepflückt, gewaschen und verpackt. Nur zwei Stunden dauert die anschließende Fahrt nach Kempten in die Feneberg-Zentrale, wo der Bärlauch für die Verteilung in die Märkte vorbereitet wird. Am nächsten Morgen gibt es die Blattbündel schon zu kaufen.

Ideen auch in die Politik tragen

Projekte wie diese liebt Martin Hahn: "Wir können viel bewegen." Was er sein Leben lang in der täglichen Arbeit am Betrieb entwickelt hat, baut er stets weiter aus, bringt es voran – und versucht über die Politik, es zu multiplizieren. Mitmischen, das ist sein Ding. "Es geht nicht nur um Umsatz, Marktgestaltung und kurze Wege. Es geht um die Entwicklung einer Region." Und die soll vielfältig sein, in ihrem Wesen und ihren Produkten. Dabei geht es ihm nicht um 100 % Öko, sondern darum, "dass möglichst viele Bauern mit einer naturnahen Wirtschaftsweise ihr Geld verdienen, damit Spaß haben und dass es weiter geht." Landwirtschaft bedeute schließlich, mit dem Land zu wirtschaften – und dafür gibt es in Hahns Augen viele Möglichkeiten. Zugleich ist er sich sicher, dass inzwischen auch die Verbraucher sensibilisiert sind: "Sie begreifen, dass sie ihre Heimat beim Essen gestalten."  Damit er die Dinge politisch weiter voranbringen kann, fährt er seit 2012 am Hof eine neue Schiene und hat aus seinen bisherigen Mitarbeitern selbstständige Bewirtschafter gemacht. Als Helchenhof Vermarktung GbR kümmern sie sich um die landwirtschaftlichen Arbeiten am Betrieb, während Hahn sich als "wohl jüngster Altbauer der Region" engagiert: als Netzwerker, Ansprechpartner, Vertriebsprofi, Wegbereiter, Entwickler und Gestalter.

 

Zum Thema

Unsere Produkte

Der Helchenhof ist für seine Gemüse bekannt. Dazu zählt auch Bärlauch, eine Pflanze, die dort nahezu wild wächst und nur über wenige Wochen im Frühjahr geerntet wird. Die frischen Blätter liefert der Betrieb in das VonHier-Programm der Firma Feneberg in Kempten und in den Naturkosthandel.