Familie Lautenbacher in Kochel am See

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Ein „Erlebnishof“ für Mensch und Tier

Der Biolandhof von Mathias und Benedikta Lautenbacher ist seit 16 Generationen im Familienbesitz: Bereits für das Jahr 1523 findet sich der erste Lautenbacher, der auf der Hofstelle mit dem Namen „beim Erhart“ eine Landwirtschaft betrieb. Ursprünglich lag der Hof im Dorf "Ort", das zur Gemeinde Kochel am See im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gehört.

Als Mathias Lautenbachers Vater 1955 etwas außerhalb von Ort einen neuen Hof errichtete, nahm er den Namen „Erharthof“ mit. Noch heute leben Lautenbachers mit ihren drei Kindern von der Landwirtschaft: Sie erzeugen Bio-Rindfleisch in Mutterkuhhaltung und beherbergen Feriengäste. Der „Erlebnisbauernhof“ wurde schon viermal im jährlich ausgeschriebenen DLG-Wettbewerb zum „Ferienhof des Jahres“ gewählt. Jede Menge Erholungs- und Spielmöglichkeiten für Groß und Klein direkt am Hof, viele Tiere und der Ausblick über die herrliche Landschaft, in die Berge und auf das malerisch gelegene Kochelseemoor lassen hier einen Familienurlaub zum großartigen Erlebnis werden.

 

Bio-Umstellung und Direktvermarktung

Tradition hat der Erharthof auch als Biolandhof. Er war einer von damals nur 15 Bauernhöfen im gesamten Landkreis, der 1980 auf ökologische Landwirtschaft umstellte und 1983 vom Verband „Bioland“ anerkannt wurde. Die Umstellung sei verhältnismäßig leicht gefallen, „da bei uns noch nie sehr intensiv gewirtschaftet wurde“, erklärt Mathias Lautenbacher. Bis heute gehört der Hof zu Bioland und der Landwirt ist nach wie vor von seinem Weg überzeugt. Schon 1985 begann die Familie, das Bio-Rindfleisch abgepackt in 15-kg-Beutel in Direktvermarktung zu verkaufen: "Das ist super angelaufen.“

Wechsel am Hof und turbulente Jahre

Doch die späten 1980er-Jahre brachten Turbulenzen am Hof: Mathias' Bruder Benedikt habe sich „berufen“ gefühlt, er holte das Abitur nach, absolvierte ein Fernstudium, wurde Priester, trat dem Jesuitenorden bei und ist heute Rektor eines Priesterseminars in Rom. Damit fiel er am Hof als helfende Hand weg und wieder musste die Familie einen Weg für sich finden. So übernahmen Mathias und Benedikta nach ihrer Heirat 1990 gemeinsam den Betrieb.

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Aufschwung mit der Mutterkuhhaltung

Einen Umschwung brachte ein Bioland-Treffen, auf dem Lautenbacher einen Kollegen traf, der ihm von seinen Erfolgen mit der Mutterkuhhaltung erzählte. Ein neuer Weg war gefunden, der mit sieben Kühen begann. Heute tummeln sich 20 Mutterkühe mit ihren Kälbern auf dem Grünland rund um den Hof. Sie sind vom Frühjahr bis in den Herbst hinein Tag und Nacht draußen und haben jederzeit Zugang zum Stall. Von der so genannten Kurzrasenbeweidung mit stets frisch nachwachsendem kurzem Gras versprechen sich Lautenbachers eine besonders nährstoffreiche Kost für ihre Rinder. Das Jungvieh darf sogar Bergluft schnuppern und verbringt den Sommer auf den Wiesen der „Ortereralm“.

Eine Innovation aus dem Elsass

Weil im alten Stall nur die Kälber frei laufen konnten und die Mutterkühe angebunden waren, wurde 1994 ein neuer Stall gebaut, ein so genannter „Offenfront-Tretmiststall“. Die Bauart stammt aus dem Elsass und ist in Südbayern eine absolute Rarität: Drei Seiten des Stalles sind mit Holzwänden verkleidet, nach Süden hinaus schützt lediglich ein Windschutznetz die Kühe und Kälber vor Unbilden des Wetters. Sobald es die Witterung erlaubt, wird das Netz elektrisch nach oben gezogen.

Eine Besonderheit des Tretmiststalles ist die schräg angelegte Liegefläche der Kühe. Auf dieser bis zu einen halben Meter hoch mit Streu eingestreuten Schräge wandert der Dung durch die Tritte der Kühe langsam abwärts, bis er über eine kleine Kante auf ebenen Boden fällt, von wo der Trockenmist abtransportiert wird.

Modellprojekt Landschaftspflegehof

Just zur Stallbauzeit 1994 startete das gemeinnützige „Zentrum für Umwelt und Kultur“ (ZUK) im nahen Kloster Benediktbeuern das von der Bayerischen Staatsregierung finanzierte und auf eine Laufzeit von 20 Jahren angesetzte „Modellprojekt Landschaftspflegehof“. Es verfolgt Ziele wie die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und des kulturellen Erbes sowie eine nachhaltige Entwicklung aus christlicher Verantwortung für die Schöpfung.

Der Erharthof machte kurzentschlossen mit und verpflichtete sich gemeinsam mit zwei weiteren landwirtschaftlichen Betrieben, jährlich 20 Hektar Streuwiesen in den nahen Loisach-Kochelsee-Mooren zu mähen. Dadurch tragen die Bauern nicht nur zum Erhalt eines artenreichen und gefährdeten Lebensraums bei; die Streuwiesen-Mahd eignet sich zugleich bestens zum Einstreuen des Tretmiststalles.

Neue Artenvielfalt auch am Hof

Um den Betrieb vielseitiger zu gestalten, setzte die Familie weiter auf die Tourismus-Karte. So gesellten sich zu den Kühen und Kälbern allmählich Ponys, Bergschafe, Gänse, Enten und Hasen, eine Muttersau mit Ferkeln, Ziegen und Katzen. Sie sind die

 

Attraktionen vor allem für junge Urlauber auf dem Erlebnisbauernhof: „Die Kinder müssen beschäftigt sein“, sagt Benedikta Lautenbacher schmunzelnd.

Die kleinen Feriengäste helfen beim Füttern, können ausreiten oder die Tiere einfach nur streicheln. Den Blick auf die Kühe richtend, ergänzt Ehemann Mathias: „Mit Kurzrasenweide und Stallauslauf auch im Winter können wir unseren Feriengästen die gesamte artgerechte Tierhaltung vermitteln.“ – Genau wie die Tatsache, dass Jungvieh fürs Bio-Fleisch geschlachtet werden muss. Lautenbacher sagt: „Bei unseren Kühen wissen die Menschen, wie die Tiere gelebt haben und dass es ihnen bei uns gut ging.“

Kinder, Holz und Energie

Es scheint gesichert, dass sich die Familientradition auf dem Erharthof auch in der 17. Generation fortsetzt: Mathias, der älteste Sohn, hat Industriemechaniker gelernt und sattelte die Ausbildung zum Landwirt oben drauf. Tochter Elisabeth ist Pharmazeutisch-Technische Assistentin „und kann gut mit den Gästen“, erzählt ihre Mutter. Der jüngere Sohn Kilian lernt Forstwirt: Seine Liebe zum Holz habe er schon mit zwölf Jahren entdeckt, als er sich zum Geburtstag eine Motorsäge wünschte, mit der er bis heute Holzskulpturen schnitzt.

Auch Kilian will in den Hof mit einsteigen, freuen sich seine Eltern. Immerhin gehören auch 50 Hektar Bergwald zum Betrieb, ein idealer Arbeitsplatz für den jungen Forstwirt. Bei der Bewirtschaftung des Waldes fällt übrigens soviel Restholz an, dass die Familie damit eine Hackschnitzelheizung befeuern kann, die den Bauernhof und das 2001 errichtete Austragshaus mit Wärme versorgt. Energie kommt außerdem von drei Photovoltaik-Anlagen auf den Haus- und Stalldächern, die jährlich bis zu 100.000 Kilowattstunden Strom erzeugen: „Insgesamt fünfmal so viel, wie wir brauchen“, rechnet Mathias Lautenbacher zusammen.

Unsere Produkte

Das Bio-Rindfleisch aus Ort bei Kochel am See wird unter anderem in den Märkten von Feneberg unter der Marke „Von Hier“ verkauft.

Urlaub auf dem Bauernhof ist das zweite „Produkt“ des Erharthofs: Fünf Ferienwohnungen für bis zu vier Personen, eine davon auch für Rollstuhlfahrer eingerichtet, und eine 80 qm große Wohnung im Austragshaus, das als Ferienhaus für bis zu sechs Personen eingerichtet ist, werden ganzjährig von Gästen aus ganz Deutschland gebucht.

Für die Urlauber macht Benedikta Lautenbacher Marmelade und verarbeitet Obst von der eigenen Streuobstwiese zu Saft. Salami und Eier sind weitere Erzeugnisse, die Wolle der vier Mutterschafe wird gegen gestrickte Socken eingetauscht.

 

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