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Mit einem knorrigen Obstbaum könnte man ihn vergleichen: Werner Zapf. Tief verwurzelt auf seinem Land, robust bei Gegenwind. Ein Baum, der viel gesehen hat. Nur eines passt nicht ins Bild: seine Liebe zu Fell und Federn.

Wo die Zivilisation zu enden scheint, fängt Werner Zapfs Welt gerade erst an: in einer Kurve mit Obstplantage zur Linken und Wald zur Rechten. Dass zwischen den Tannen allerdings braune Schweine von erstaunlicher Größe hausen, ist von der Straße aus nicht ersichtlich. Nur wer ein Stück in den Wald vordringt, entdeckt die korpulenten Tiere, die sich träge im Schlamm suhlen. Doch Exoten sind sie auf dem weitläufigen Land von Familie Zapf nicht.

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Zuhause exotischer Tiere

Nach einer weiteren Kurve fällt der Blick auf eine Reihe von Gehegen. Alpakas kauen dort genießerisch auf einem Maul voll frischem Gras, ein Pfau schlägt sein Rad und stolziert erhobenen Hauptes zwischen einigen Enten umher, ein Emu legt den Kopf schief, beäugt kritisch den Besucher und läuft schnellen Schrittes davon, zwei Kängurus hüpfen in den Schatten der Stallwand. Kein gewöhnlicher Bauernhof, den Werner Zapf mit seiner Frau und den beiden Söhnen betreibt, vielmehr ein kleiner Zoo in einem noch viel kleineren Ort namens Bleichnau bei Tettnang.

Ein Generationen-Werk

Wie man an so viel Land kommt, dass alle Tiere genügend Platz haben? Die Geschichte des Bauernhofes reicht mehrere Generationen zurück – angefangen beim Urgroßvater. Dieser kaufte die Hofstelle mit rund drei Hektar Grund. Weitere landwirtschaftliche Fläche wurde später von Zapfs Vater gepachtet und einzelne Grundstücke zugekauft. Zur derzeitigen Größe erweiterte Werner Zapf den Hof in den letzten 30 Jahren selbst.

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Zu viel Arbeit

Inzwischen breiten sich nicht nur die Tiere der Zapfs auf diesen Flächen aus, sondern auch die Obstplantagen, die mitunter den Lebensunterhalt der Familie sichern. Werner Zapf ist Biobauer, hat zunächst Äpfel und Birnen angebaut, um sie als Tafelobst zu verkaufen. Nun hat er allerdings auf Mostobst umgestellt. Der Grund: Der Arbeitsaufwand für Tafelobst war zu groß und ließ sich mit den anderen Arbeiten nicht länger vereinbaren.

Schmarren oder rechter Weg

Werner Zapf hat klare Vorstellungen davon, wie er ökologische Landwirtschaft leben möchte. Von seiner Meinung konnten ihn damals auch Berater nicht abbringen, als Zapf auf Bio umstellen wollte, diese Form der Landwirtschaft aber noch in den Kinderschuhen steckte. „Um Gottes Willen, das ist ein Schmarren, haben die Berater zu mir gesagt“, erinnert sich Zapf. Er blieb stur. Überzeugt, den richtigen Weg für sich gefunden zu haben.

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Robust statt große Namen

Mit dem Mostobst ist es im Grunde genommen nichts anderes: Bei der Wahl seiner Obstbäume setzte der Landwirt von Anfang an auf Widerstandsfähigkeit anstatt auf bekannte Namen. Das Spritzen der Bäume – wenngleich ohne Chemikalien – reduziert er auf ein Minimum. Die Folge: Nützlinge und Schädlinge gibt es an seinen Pflanzen in einem ausgewogenen Verhältnis. Was allerdings auch bedeutet, dass das Obst die eine oder andere Macke haben kann. Keine Schande beim Saften, weswegen Zapf sich neu orientiert hat. Seine Obstplantagen so natürlich wie möglich zu bewirtschaften, bildet schließlich die Basis seiner landwirtschaftlichen Werte­vorstellungen.

Allmächtiger Gockel

Zu denen gehört auch der pflegliche Umgang mit Tieren. Ein großer Dorn im Auge von Werner Zapf: die Massentierhaltung. Bei diesem Thema kann der ansonsten ruhig dasitzende Biobauer im karierten Hemd auch mal lauter werden: „Das gehört verboten.“ Damit es seinen eigenen Tieren gut geht, macht sich Werner Zapf im Internet über die Bedürfnisse der unterschiedlichen Arten schlau. Für Kuh, Pferd, Esel und Ziege reicht sein Wissen aus der landwirtschaftlichen Ausbildung. Anders sieht es bei Känguru, Emu und Alpaka aus. Doch: „Der Gockel weiß alles“, ist sich der 59-Jährige sicher – und meint damit nicht etwa einen Hahn, sondern die Suchmaschine Google.

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Nicht aus dem Kopf bekommen

Zu hundert Prozent stimmt das allerdings nicht. Google kann etwa nicht die Frage beantworten, wie ein Tettnanger Landwirt aufs Känguru gekommen ist. In diesem Fall ist Ehefrau Monika dem Internet einen Schritt voraus: „Wir haben es im Tierpark gesehen und nicht mehr aus dem Kopf bekommen.“ So schnell also können eine Handvoll Kängurus im Bodenseekreis Einzug halten. Wobei schnell übertrieben ist. Bevor die exotischen Tiere bei den Zapfs einziehen, startet die Familie eine große Umbauaktion.

Verärgerte Nachbarn

Und die Nachbarn? Ärgern sich anfangs über die vielen Zäune. Schließlich sind die Kängurus weder der erste noch der letzte tierische Zuwachs im Ort. Doch inzwischen gesellen sich auch einstmals verärgerte Nachbarn zu den neugierigen Besuchern am Zaun. Genau dieser Kontakt zwischen Mensch und Tier ist es, den die Zapfs fördern möchten.

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Das Problem mit der Lila Kuh

Damit hat auch alles angefangen: mit Kindern, die meinen, Kühe wären lila, weil sie auf der Schokoladentafel in dieser Farbe abgebildet sind. „Da musste ich einfach gegensteuern“, sagt Werner Zapf aufgebracht. Ein Kind, das noch keine echte Kuh gesehen hat – hierzulande unvorstellbar. In den Großstädten allerdings sehe das ganz anders aus, weiß der Landwirt. Urlaub auf dem Bauernhof und die morgendliche Tierfütterung mit den Kindern sind Wege der Zapfs, Nähe zu Tieren zu schaffen.

Pferd gleich Motorrad?

Feriengäste dürfen zudem die Pferde des Hofes reiten. Werner Zapf hat selbst einige Reitstunden genommen, um das Können der Urlauber besser einschätzen zu können. „Das Problem war, dass mir die meisten jungen Mädchen erzählt haben, sie hätten schon viele Reitstunden gehabt“, erzählt der Biobauer und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. In einem Fall sei das für ihn besonders schwer zu glauben gewesen, denn die angebliche Reiterin habe auf dem Pferd gesessen wie auf einer Harley.

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Minimum an Unnatürlichkeit, Maximum an Glück

Eines steht selbst nach kurzem Kennenlernen von Werner Zapf fest: Er ist ein Schaffer, der viele Dinge neben seiner eigentlichen Arbeit erledigt. All die Tiere, die versorgt werden wollen, und dazu noch die Bildungsarbeit angefangen bei den Kindern – und sicher nicht bei ihnen aufgehört. Und dabei findet der Landwirt noch immer die Kraft, sich für einen besonders ökologischen Umgang mit der Natur einzusetzen.

Kein perfekter Tag ohne seine Tiere

All dies vor Augen sollte man meinen, dieser Mann stellt sich den perfekten Tag so vor: Füße hochlegen, die Tiere für einen Tag Tiere sein lassen, sich mal nur um die eigenen Bedürfnisse kümmern. Eine Fehleinschätzung. Der perfekte Tag beginnt für Werner Zapf damit, morgens aufstehen zu können. Er sieht die scheinbar kleinsten Dinge im Leben nicht als Selbstverständlichkeit. Keine Schmerzen zu haben, das wünscht er sich für diesen Tag ebenfalls. Dann kommen auch schon die Tiere: Die möchte der Biobauer auch an seinem perfekten Tag selbst versorgen.

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